Herbst-Ende…und eine Geschichte

 

 

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Nun ist er fast schon wieder vergangen, der Herbst und adventliche Kerzen-Stimmung lockt uns nach innen, in die warme Stube.

Vielleicht macht Ihr es Euch dort auf dem Sofa gemütlich und folgt mir in Gedanken zur

 

Herbst-Wandelfrau

 

Komm mit, tief hinein in den herbstlichen Laubwald und sieh, wie das schräge Licht der Nachmittagssone zwischen die orangen und gelben Blätter auf den Boden fällt. Es knistert und raschelt bei jedem Schritt und feuchter modriger Duft steigt auf.

 

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Dort drüben, da, wo die Bäume etwas lichter stehen, kauern wir uns nieder und lassen uns ein bißchen den Rücken von der Sonne wärmen.

Ein paar wenige Vögel hüpfen über uns durch die Zweige, dann raschelt eine Maus unter dem Laub.

Stille senkt sich um uns her.

Plötzlich hören wir es: Ein leise schabendes Geräusch. Ein großer Stein am Fuße des niedrigen Felsenhanges ein Stück von uns entfernt, wird zur Seite geschoben.

Eine kleine Gestalt tritt aus der Höhlung dahinter hervor und schiebt ihn gleich darauf mit einiger Anstrengung wieder an seine ursprüngliche Stelle zurück.

„Wer ist das“, flüsterst du. Doch ich bedeute Dir nur, still zu sein und weiter zu beobachten.

 

 

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Ich weiß, es ist die Herbst-Wandelfrau und sie darf nicht bei ihrer Arbeit gestört werden. Sie trägt wie stets ihren graulila Umhang und seitlich sieht man ihren langen grauschwarzen Haarzopf darunter hervorhängen. Leicht gebückt geht sie, aber erstaunlich flink kommt sie dabei voran.

Dies ist ihre Zeit des Jahres, in der sie ihre meiste Arbeit verrichtet. Das ganze Jahr über sammelte sie die Zutaten für ihre Zauberpulver, die sie nun in kleinen Blätterbündeln auf dem Rücken trägt.

Mit diesen Pulvern bestäubt sie all` die verschiedenen Blätter und Früchte, die dadurch ihre Herbstfärbung annehmen.

 

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Sie ist am liebsten bei Nebel und Dämmerung unterwegs und liebt den Wind und die Herbstkühle. Doch bei der vielen Arbeit, die getan werden muß, ist sie auch immer wieder zu anderen Zeiten unterwegs.

Sie sorgt dafür, daß der Schlaf und die Ruhe im Jahreskreislauf ihren Platz haben. Somit ist sie eine wichtige Dienerin für Mutter Erde und deckt empfindliche Pflanzen und überwinternde Tiere mit schützenden Blätterdecken zu.

Von weitem wirkt sie auf viele unheimlich, vielleicht auch auf Dich?

Aber wer von nahem in das tiefe Braun ihrer uralten Augen geblickt hat, weiß um die Liebe, die sie für alle Wesen empfindet.

Mich erinnert sie an die Notwendigkeit des Vergehens, damit neues Leben entstehen kann.

Komm, wir folgen ihr noch ein Weilchen, bis es anfängt zu dämmern vielleicht….

 

 

 

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Wollbild „Herbst-Wandelfrau“ (Nadelfilz auf Ecoprint mit Naturmaterialien im Holzkasten)

 

Es grüßt

Frau Wollwesen.

 

Verlinkt mit Creadienstag und mit Naturkinder.

Hummeln ….und andere kleine Tiere

 

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Dieses mit der Nadel gefilzte Wollbild ist irgendwann im Frühsommer entstanden, als ich im Auftrag einer Nachbarin 2 Wollbilder als Geschenk für die Eltern von neu in der Welt angekommenen Zwillingsbabys herstellte.

( Das zweite Bild ist meinem Fotografier-Eifer im fertigen Zustand leider entkommen, was mich nun nicht gerade freut, aber leider nicht mehr zu ändern ist…)

Zu fast allen meinen Bildern gibt es auch eine kleine Geschichte oder Anekdote, bzw. einige Gedankenfäden oder -gespinste, wobei wir schon beim Thema für dieses Bild heute wären:

 

„Schwarz und groß sitzt sie an der Wand. Dort in der Ecke, oben hinter dem Kleiderschrank. Ein Kribbeln steigt irgendwo von unten , von meinen Füßen, auf und läuft unangenehm entlang der Wirbelsäule nach oben , zum Hals. Ich schlucke trocken und hole das Glas, ein großes, das  größteTrinkglas, das im Haus ist.

Was, wenn ich sie verfehle und sie danach in Panik gerät? Irgendwohin rennt, wo ich nicht an sie herankomme, oder, noch schlimmer: Auf mich fällt…!

Doch ich habe sie, gefangen, unter Glas.

Vorsichtig schiebe ich eine Postkarte an der Wand entlang, verschließe den Fluchtweg. Sie zappelt aufgeregt und ich versuche, nicht zu genau hinzusehen. Draußen, am Hang, entlasse ich sie in die Freiheit und hoffe, daß sie dort auch bleibt.

Die großen, dunklen Kellerspinnen – mit ihnen werde ich wohl nie gut Freund werden. Zu tiefe Ur-Ängste wecken sie in mir. Doch ihren kleinen Artgenossen gegenüber und sogar den Kreuzspinnen, die zur Zeit überall um unser Haus herum ihre Netze weben, hat sich meine Angst gelegt. Die Angst des Kindes von früher, das selbst Ohrenzwickern und Kellerasseln beim Ausmisten des Kaninchenstalls kaum ertragen konnte, die plötzlich und unberechenbar aus irgendwelchen Ritzen des Holzes hervorkrochen und scheinbar ziellos herumwuselten.

Das Kind, für das es undenkbar war, einen Regenwurm in die Hand zu nehmen und für das eine klebrige Nacktschnecke am Bein zum Trauma über Jahre hinweg wurde. Aber dieses Kind wurde erwachsen und diese erwachsene Frau hatte den Wunsch nach einem Garten, der sich tatsächlich irgendwann erfüllte. Auch da gab es wieder Nacktschnecken und viele davon. Und es begann ein Kampf um die Blumen, die in diesem Garten wachsen sollten, so wie ich, die ich natürlich diese Frau bin, das wollte…

 

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Aber ich erkannte irgendwann, daß ich nicht mehr kämpfen wollte und lernte. Ich lernte, was Schnecken nicht fressen mögen und pflanzte dies. Es brauchte Geduld und Zeit, aber es blühte immer mehr und vielfältiger.

Im Komposthaufen dieses Gartens kamen bei der ersten Kompost“Ernte“ viele weiße Engerlinge zum Vorschein. Ich wußte nicht, von welchen Käfern sie die Kinder waren, ich wußte nur, daß sie mich ekelten. Bis meine Tochter sie entdeckte und behutsam auf ihre kleine Hand legte. Für sie waren sie so süß wie kleine, in Windeln gewickelte, Puppenbabys und nichts durfte ihnen geschehen. Und da schmolz tatsächlich ein großer Teil meines Ekels wie Eis in der Sonne dahin.

 

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Überhaupt: Das Graben in der Erde veränderte so vieles. Es brachte die Würmer zum Vorschein, die darin arbeiteten und die Asseln und Spinnen. Und ganz unmerklich fast, verlor ich meine Angst vor all diesen kleinen Tieren. Neugierig wurde ich sogar auf sie. Und freudig, wenn ich ihre fliegenden Verwandten, die Bienen und Hummeln und Schmetterlinge um unsere Blüten fliegen sah.

 

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Viel zu lernen gibt es über sie. Bei einem Wildbienen-Naturschutz-Einsatz vor kurzem wurde mir eine Biene gezeigt, die sich bereits zur Nachtruhe in „ihre“ Blüte begeben hatte (es war eine Zottelbiene). Natürlich ist dieses Verhalten wissenschaftlich begründbar und hat ganz bestimmte Vorteile für diese Art.

Und trotzdem blieb bei mir eine ganz tiefe und direkte Freude bei diesem Anblick zurück, die mit dem Verstand nichts zu tun hatte.

Schön wäre es, eines Tages auch den anfangs beschriebenen Kellerspinnen gegenüber immer mehr Interesse entgegenzubringen und somit den lähmenden Bann zu lockern. Denn das scheint mir doch oft der Schlüssel für die Angst vor dem Unbekannten zu sein.“

 

Ich grüße Euch ganz herzlich,

Eure

Frau Wollwesen.

 

P.S.: Wer sich für Wild- und Honigbienen interessiert, kann sich z.B. hier beim Naturschutzbund Deutschland über sie informieren.

 

Verlinkt mit Creadienstag.

„Der Grüne“

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Tief eingetaucht sind wir heute in die Mittagsstille am Bach, geschützt vom grün belaubten Blätterdach. Ganz unbemerkt fast, haben wir die Welten gewechselt, die laute erhitzte Stadt hinter uns gelassen und sind kurz darauf am Stall am Dorfbach angekommen.

Die Ponys und Pferde stehen still im Schatten, wedeln träge die Fliegen fort. Nach Fell- und Hufpflege machen wir uns auf den Weg. Immer wieder einmal Hundegebell, immer wieder einmal Kinderlachen. Sie spielen im Bach, Wasser spritzt, Steine rollen.

 

 

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Wir setzen ruhig unseren Weg fort, langsam. Das Wasser ist niedrig jetzt, nach der langen Hitzewelle. Wir sehen kleine Fische direkt unter der Oberfläche hin- und her zucken. Ein kurzer Trab, zu mehr kann sich das Pferdchen heute nicht aufraffen.

Zurück am Stall lasse ich die Kinder ihre Arbeit tun und setze mich in den Schatten. Leise Stimmen zwischendurch, dann wieder Ruhe. Märchenhaft ist es um mich her, das Wasser sendet Lichtreflexe auf die Blätter ringsherum.

 

 

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Da sehe ich ihn.

Lange schon ist er mir nicht mehr begegnet. Er sitzt mir schräg gegenüber auf einem Stein am anderen Ufer. Er weiß, daß ich ihn erkannt habe. Damals, als das Bild von ihm entstand, saß er am Rand des Zauns am Ende unseres Grundstücks. Bei der Zaun-Wicke. Die Blume, zu der er eine tiefe Verbindung hat. Genau wie sie Ranken am Ende ihrer gefiederten Blätter trägt, so wachsen aus seinen Fingern lange dünne Fortsätze, mit denen er sich fast überall emporziehen und festklammern kann.

So hält er sich nun damit an einem nahen Zweig fest, während er sich weit nach vorne zum Wasser beugt und sein Spiegelbild zu betrachten scheint.

Er liebt die Pflanzen der Wiesen und Wälder und ebenso liebt er das Wasser. Von allen Tieren und Fabelwesen wird er deshalb kurz „der Grüne“ genannt. Er lauscht dem Murmeln des Baches und dem kaum hörbaren Wispern der Fische. Er trägt so die Geschichten des Wassers weiter zu den Blumen- und Baumwesen. Deren Flüstern und Rauschen wiederum kehrt durch ihn zurück zum Wasser…

Auch ich lausche, bin ganz wach und doch traumverloren.

Und beim nächsten Wimpernschlag ist er verschwunden.

 

 

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Wollbild „Der Grüne“ (nadelgefilzt)

 

Grüne Stille-Momente sendet Euch

Frau Wollwesen

 

 

Verlinkt mit Naturkinder und Creadienstag.